Komplexe Exponentialfunktion
Im Rahmen der Fourier-Transformation wird unter anderem folgender Zusammenhang nützlich.
Euler's Identität wird häufig als schönste Gleichung der gesamten Mathematik bezeichnet:
Sie resultiert aus der Eulerschen Formel mit :
Intuitiv macht es jedoch wenig Sinn, eine Zahl (hier die Eulersche Zahl ) hoch eine komplexe Zahl (hier ) zu rechnen:
Zudem ist fraglich, was das ganze mit der zuvor herausgestellten Polardarstellung komplexer Zahlen zutun hat:
Es gibt zahlreiche Beweise dieser Gleichung, welche aufzeigen, dass Gleichheit gilt, jedoch weiterhin das Mysterium des "Warum?" offen lassen. Im Folgenden soll geklärt werden, was diese Gleichung wirklich aussagt und nicht nur gezeigt werden, dass sie stimmt.
Beweis mithilfe von Differentialrechnung
Zunächst lässt sich ein sehr einfacher Beweis der Gleichheit begutachten. Dieser erfolgt über das Ableiten einer geschickt gewählten Funktion .
Wenn man nun nach ableitet (mit der Produktregel), folgt:
Produktregel: (Wikipedia: Produktregel (opens in a new tab))
Wenn die Ableitung immer ist, dann muss konstant sein (keine Steigung haben).
Da muss für alle (konstant). Es gilt also:
Die Gleichheit ist somit bewiesen. Ein Verständnis für die Gleichung wurde jedoch nicht entwickelt.
Definition der Exponentialfunktion
Die Betrachtung als eine Multiplikation von , -mal mit sich selbst ist problematisch.
Um ein Verständnis für diesen komplexen Exponenten zu entwickeln, muss man sich die Definition der Exponentialfunktion zur Basis vor Augen führen, bzw. die Entstehung der Konstanten nachvollziehen.
Im Folgenden gebe es eine Bank, welche zwei Möglichkeiten anbietet:
- Zinsen pro Jahr
- Zinsen pro Monat
Mit welcher Option hat man langfristig mehr Geld?
Diese Frage stellte sich auch Jacob Bernoulli im Jahr 1669.
Wenn man z.B. mit dem Geldbetrag € startet und ein Jahr wartet, dann würde Folgendes passieren:
- Option:
- Option:
Berechtigterweise lässt sich nun fragen, was passiert, wenn man das Jahr in kleinere Intervalle einteilt und in jedem Zeitintervall Zinsen bekommt. Wenn man mit einem Betrag von € startet, dann folgt für die den Geldbetrag nach einem Jahr:
Wenn man das Zeitintervall also in immer kleinere Intervalle einteilt und somit noch mehr Gebrauch vom Zinseszins macht, kann man dann durch immer mehr Geld bekommen?
Es lässt sich erkennen, dass sich der Geldbetrag immer geringfüger ändert. Dies ist natürlich kein Beweis, jedoch ein starkes Indiz dafür, dass sich der Wert einer Konstanten annähert.
Um das betrachtete Phänomen etwas zu verallgemeinern, betrachtet man nun einen beliebigen Zinssatz und lässt das Zeitintervall beliebig klein werden: .
Eine formale Definition eines Grenzwertes: Wikipedia: Grenzwert (opens in a new tab)
Es gilt also für den Betrag in Abhängigkeit des Zinssatzes :
Es scheint logisch sich den Wert des Terms separat anzuschauen, da dieser unabhängig von und somit konstant ist.
Es handelt sich wiederum um keinen Beweis, jedoch scheint es so zu sein, dass sich der Term einem ganz bestimmten Wert annähert. Es könnte natürlich so sein, dass der Term plötzlich bei einem noch größeren wieder von diesem Wert abweicht.
Ein rigoroser Beweis soll jedoch erspart bleiben. Genau dieser Wert wurde letztendlich als die eulersche Zahl definiert. Somit lässt sich obiger Term umschreiben und von zu dem üblichen umbenennen:
Die Exponentialfunktion resultiert somit nicht aus der Idee von der wiederholten Multiplikation einer ominösen Konstante , welche letztendlich Probleme mit bestimmten Werten für (z.B. komplexen Zahlen) bereitet. Natürlich sind komplexe Zahlen als Zinsen auch unrealistisch. Es ist jedoch bekannt, wie man komplexe Zahlen dividiert, addiert und multipliziert und somit den Term mit berechnen kann.
Imaginäre Zinssätze
Um wieder auf die Eulersche Formel zurückzukommen, müsste man nun betrachten, was passiert wenn . Gemäß der obigen Definition der Exponentialfunktion folgt:
Beim Term handelt es sich um eine komplexe Zahl mit und . Diese Zahl wird somit mal mit sich selbst multipliziert. Ein imaginärer Zinssatz macht selbstverständlich wenig Sinn. Jedoch lässt sich damit die Verbindung zwischen der Exponentialfunktion und den komplexen Zahlen illustrieren. Im Folgenden lässt sich ausprobieren, wie sich für verschiedene Approximationen und Winkel verhält.
Es lässt sich eindeutig erkennen, dass sich der Term für immer größere , der komplexen Zahl mit dem Winkel auf dem Einheitskreis annähert.
In Anwendung auf die reellen Zahlen, wurde ebenfalls deutlich, dass sich der Term für immer größere einem bestimmten Wert annähert. Dabei liegen die Werte jedoch ausschließlich auf der Achse des -Teils, da es keinen Imaginärteil gibt. Dieser Wert der Annäherung ergibt sich, wie zuvor herausgestellt, durch das kontinuierliche Hinzufügen von einem unendlich kleinen Anteil eines bestimmten Zinssatzes. Kontinuierlich bedeutet hierbei, dass die Zeitintervalle ebenfalls unendlich klein werden und es somit unendlich viele Zeitintervalle gibt.
Wiederholte Multiplikation einer komplexen Zahl
In Bezug auf komplexe Zahlen lässt sich der Term somit wie folgt verstehen. Eine komplexe Zahl wird unendlich oft mit sich selbst multipliziert. Dabei gilt für den Realteil und für den Imaginärteil
Um zu verstehen, was sich beim Potenzieren der komplexen Zahl ergibt, ist es sinnvoll die Polardarstellung zu ermitteln. Der Betrag wird durch das Potenzieren mit , ebenfalls potenziert, der Polarwinkel jedoch mit multipliziert (dies wurde in Komplexe Ebene herausgestellt).
Betrag
Der Betrag der resultierenden komplexen Zahl () entspricht dem Abstand vom Ursprung von , hoch :
Die komplexe Zahl muss also auf einen Betrag von haben und somit auf dem Einheitskreis liegen.
Polarwinkel
Der Polarwinkel der komplexen Zahl liegt für große extrem nah an . Wenn man nun mit potenziert, dann folgt eine Addition der Winkel.
Somit liegt der Polarwinkel von für große extrem nah bei . Dies soll kein mathematischer Beweis sein.
Die komplexe Zahl muss also auf dem Einheitskreis liegen und den Polarwinkel von einschließen.
Komplexe Zahlen auf dem Einheitskreis
Nun lassen sich Überlegungen anstellen, wie sich dieser Punkt auf dem Einheitskreis noch ausdrücken lässt. Hierbei kommen die trigonometrischen Funktionen ins Spiel.
Die trigonometrischen Funktionen sind buchstäblich durch den Einheitskreis definiert. Im kartesischen Koordinatensystem lässt sich ein Punkt auf dem Einheitskreis, welcher den Winkel mit der -Achse einschließt mit beschreiben.
Daraus folgt unmittelbar für die komplexe Ebene:
Dies entspricht der Eulerschen Formel, welche sehr nützlich ist um trigonometrische Zusammenhänge anders auszudrücken.
Im Gegensatz zum ersten Abschnitt auf dieser Seite, ist diese Argumentation kein richtiger Beweis. Jedoch sollte damit die Eulersche Formel plausibel erscheinen.
weitere interessante Beweise: StackExchange: Math (opens in a new tab)
Folgerungen
In Bezug auf das Thema dieses Artikels wird die komplexe Exponentialfunktion häufig mit einem veränderlichen Parameter (wie z.B. Zeit ) vorkommen.
Dies lässt sich dann als eine Rotation verstehen, welche häufig mit einem Vektor bzw. Zeiger visualisiert wird:
Wenn der Zeiger bei startet lässt sich erkennen, dass es sich beim Realteil um und beim Imaginärteil um handelt.
Wie würde sich der Zeiger verhalten (negatives Vorzeichen im Exponenten)?
Addition von verschiedenen komplexen Exponentialfunktionen
Gemäß der Addition von komplexen Zahlen lassen sich auf mehrere von abhängige Exponentialfunktionen addieren. Dabei lässt sich mit einem zusätzlichen Faktor die Frequenz anpassen:
z.B. mit , und
Multiplikation mit Koeffizienten
Interessant wird es, wenn man den Zeiger mit einer konstanten komplexen Zahl multipliziert. Dieser bestimmt die Länge des Zeigers, sowie die Phasenverschiebung bei , da .
Mit welcher komplexen Zahl müsste man multiplizieren um eine Phasenverschiebung von hervorzurufen?